LINGUISTIK
Angstkommunikation in der Corona-Pandemie: Zum Muster einer sprachlich-kommunikativen Praktik
, Universität Greifswald
1. Systemtheoretischer Medienbegriff und angstbezogene Kommunikation
Die öffentliche hegemoniale politische und massenmediale Kommunikation im Rahmen der Corona-Pandemie wird in verstärktem Maße als Risiko- und Angstkommunikation, die zur Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte, Impfbefürworter und Impfskeptiker oder Impfgegner führe, wahrgenommen. Bei Angst nun handelt es sich um einen Begriff aus der Psychologie, der eine emotionale Verfasstheit beschreibt: Angst ist
„ein in der Regel mit physiologischen Erscheinungen wie schnelle Atmung, Schwitzen, Zittern, Herzklopfen einhergehender unangenehmer emotionaler Zustand, der vor allem dann auftritt, wenn Meidungsmotivationen frustriert werden, d.h. wenn das Individuum bei Vorhandensein eines Zieles mit negativer Valenz keine Möglichkeit hat, sich der Situation zu entziehen. Unter diesen Bedingungen kann Angst gelernt und generalisiert werden“ (Wörterbuch der Psychologie, 1983: 32).
Nun geht es in diesem Beitrag nicht um Angst als ein individuelles psychisch-physiologisches Phänomen, sondern um Angst als ein kommunikatives Problem. Mit Bezug auf moderne Gesellschaften stellt Bergmann fest: „Angst ist veraltet und zugleich aktuell, sie ist in vielerlei Hinsicht mit dem Aufkommen moderner Gesellschaften überholt – und wird doch gerade immer wieder erzeugt“ (Bergmann, 2002: 2), um zu stören oder zu verstören. Zu fragen ist in diesem Beitrag, worauf die Beobachtung von angstbezogener Kommunikation während der Corona-Pandemie in Deutschland beruht.
Das Bundesinnenministerium erarbeitete im März 2020 ein Szenarienpapier mit dem Titel „Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen“ zunächst als Verschlusssache. Am 01. April 2020 wurde es auf der Webseite „FragDenStaat“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (FragdenStaat, 2020). Im Punkt vier des Papiers werden „Schlussfolgerungen für Maßnahmen und offene Kommunikation“ dargelegt: „Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden“. Als mögliche Vorgaben zur Erreichung dieses kommunikativen Ziels, werden bildlich gesprochene Szenarien für eine Argumentation entwickelt, die an die „Urangst“ anschließen sollen oder die Folgen einer Covid-Erkrankung ins Bewusstsein rücken. Ein zweiter Punkt geht auf die Kommunikation in Hinsicht auf Kinder in der Pandemie ein:
„,Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden‘: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann“ (ebd.).
Zu schlussfolgern ist aus diesem Papier, dass ein Erfordernis allem Anschein nach darin bestand und besteht, die Bevölkerung argumentativ in einen Angstzustand zu versetzen, um entsprechende Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung der Pandemie durchzusetzen. Die Anforderungen an diese Art der Kommunikation sind an Institutionen gerichtet, die das Pandemiemanagement betreiben, an die Politik sowie die hegemonialen journalistischen Massenmedien in Print, Hörfunk oder digital.
Ein solcher Ansatz impliziert im Sinne Niklas Luhmanns, dass Kommunikation etwas Unwahrscheinliches ist. Luhmann geht davon aus, dass Kommunikation aufgrund ihrer Komplexität eher unwahrscheinlich ist, denn sie kann nur kontextgebunden verstanden werden (1). Unwahrscheinlich ist es, in der Kommunikation mehr Adressaten zu erreichen, als sie in der konkreten kommunikativen Situation zugegen sind (2); unwahrscheinlich ist auch der Erfolg, ob Kommunikation, wenn sie verstanden wurde, auch angenommen oder befolgt wird (3) beispielsweise im Handeln nach bestimmten Direktiven, wie sie in der Pandemie als Hygieneverordnungen herausgegeben wurden (Luhmann, 1988: 216-18). Im Laufe kommunikativer und gesellschaftlicher Evolution, so Luhmann, sind Unwahrscheinlichkeiten der Kommunikation überwunden und in „Wahrscheinlichkeiten transformiert“ worden (Luhmann, 1988: 219). Aussichtsreiche Kommunikationen konsolidieren sich in spezifischen und typischen Kommunikationen von sozialen Systemen. Beobachtbar ist dieser Prozess seit dem 18. Jahrhundert, in dem Wissenschaft, Recht, Erziehung, Wirtschaft, Politik oder Kunst ihre Eigenlogiken für Kommunikationen ausprägen. Wirtschaft kommuniziert im symbolisch generalisierten Medium „Geld“, Wissenschaft im Medium „Wahrheit“, Politik im Medium „Macht“.
Die Wahl von Angstthemen in der Kommunikation bezeichnet Luhmann als einen „Resonanzverstärker“, der quer zu den funktionalen Systemen der Gesellschaft seine Wirksamkeit entfaltet und so Kommunikation wahrscheinlicher macht, jedoch „von den Funktionssystemen aus nicht zu kontrollieren“ sei (Luhmann, 2008: 157). Denn Angst ist psychischen Systemen als ein emotionaler Zustand eigen, und diesen kann Politik nicht beherrschen. Er hebt jedoch gleichfalls hervor, dass „gerade bessere Funktionsleistung [...] mit mehr Angst korrelieren (kann), ohne sie beheben zu können“ (Ebd.). Ausgehend von den benannten Szenarien ist es also die Emotion der Angst, auf die sich die Politik in der Kommunikation in der Pandemiesituation stützt, um ihre Ziele zu erreichen.
Das oben zitierte Szenarienpapier wählt mit Bezug auf Kommunikation bewusst Angstthemen, die die Besorgtheit der Regierung zum Ausdruck bringen sollen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass diese Sorge der Politik in sprachlichen Äußerungen vehement mit dem Verb sich sorgen benannt wird (formelhaft: X sorgt sich, X macht sich (große) Sorgen, X sagt, die Sorge ist berechtigt).
Angst als psychische Realität ist dabei nicht von Belang, wichtig ist ihre „kommunikative Aktualität“ (Luhmann, 2008: 161). So drückt die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel vielfach in ihren Reden ihre Sorge über die pandemischen Entwicklungen und die Gefahren für die Bevölkerung und das überlastete Gesundheitswesen aus und wird in der Presse – wie auch weiterhin der Gesundheitsminister – mit ihrer Sorge entsprechend zitiert. Diese Sorge bleibt zumeist unwidersprochen, denn die Gefahren, die von dem Virus ausgehen, sind bekannt. Luhmann dazu:
„Wenn Angst kommuniziert wird und im Kommunikationsprozess nicht bestritten werden kann, gewinnt sie eine moralische Existenz. Sie macht es zur Pflicht, sich Sorgen zu machen, und zum Recht, Anteilnahme an Befürchtungen zu erwarten und Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren zu fordern“ (Ebd.).
Auf diese Weise kann die Pandemiekommunikation über Angst mit Moral aufgeladen werden. Mit Bezug auf die ökologische Kommunikation formuliert Luhmann:
„In der öffentlichen Rhetorik wird Angst zum Prinzip der Selbstbehauptung hochstilisiert. Wer Angst hat, ist moralisch im Recht, besonders wenn er für andere Angst hat und seine Angst einem anerkannten, nicht pathologischen Typus zugerechnet werden kann. Trotz dieser deutlichen semantischen Konturen läßt sich kein System für Angstbewältigung ausdifferenzieren“ (Luhmann, 2008: 160).
Damit ist gemeint, dass Angst nur im Bewusstsein eines Individuums selbst bewältigt werden kann. Nun ist es nicht von der Hand zu weisen, dass in der Pandemiesituation jedes Individuum von Angstrhetorik umgeben ist und diese in unterschiedlicher Weise wahrnimmt und verarbeitet. Eine wesentliche Rolle spielen dabei journalistische Medien. Wie für andere Medien – Film oder Videospiele – gilt für Beiträge in der Tages- oder Online-Presse, dass in der Pandemiekommunikation in Bild und Text evozierte Emotionen wie Furcht, Scham, Hass oder Schuld angesprochen werden können. Geht man wie Eckoldt davon aus, dass journalistische Medien im symbolisch generalisierten Medium Aufmerksamkeit operieren, so könnte die Angstkommunikation im Sinne der Nachrichtenwerttheorie als attrahierende negative Größe mit Aufmerksamkeit steigerndem Wert interpretiert werden (Vgl. Eckoldt, 2002: 202). Der Gewinn von Aufmerksamkeit bzw. die Rezipientenbindung an das Medium selbst kann dabei nicht allein in Betracht gezogen werden. Vielmehr ist die Leistung der Massenmedien für die Gesellschaft zu beleuchten. Luhmann sieht diese in der „Formung öffentlicher Meinung“ (Krause, 2005: 50). Wenn nun angstbezogene Kommunikation ein Resonanzprinzip ist, „das Bestimmtes vergrößert und anderes abdunkelt“ (Luhmann, 2008: 160), so Luhmann, ist sie mit einer persuasiven Funktion verbunden – bezogen auf das Pandemiegeschehen ist es die Funktion, Entscheidungen in der Vorgabe durch Gesetze oder Verordnungen zu legitimieren. Die Angst vor Erkrankung und Tod soll Akzeptanz für das Infektionsschutzgesetz, Hygieneverordnungen oder Kontaktbeschränkungen fördern.
2. Linguistischer Modalitätsbegriff: Text-Bild-Interaktion
In linguistischer Perspektive kann nun nicht die Angst, die sich in Personen als Gefühl ausbreitet, untersucht werden. Dazu wären Rezipientenbefragungen erforderlich. Geprüft werden soll anhand von Kommunikaten in der Tages- und Onlinepresse, welcher Typ von Rhetorik angstbezogene Kommunikation befördert und für Wahrnehmung zur Verfügung steht.
Dass Multimedialität dabei gerade in der massenmedialen Kommunikation eine zentrale Rolle spielt, erscheint offensichtlich. Sie wird hier im Sinne von Stöckl und Zebrowska gefasst als „eine Strukturierung von Texten mit unterschiedlichen semiotischen Ressourcen“ (Stöckl, 2013: 92). Die häufigste Kombination von unterschiedlichen Zeichensystemen findet sich in der Verbindung von „statische(m) Bild und Text“ (Stöckl, 2013: 91), wie Zebrowska herausstellt, und ist in der Berichterstattung zur Pandemie in den journalistischen Massenmedien unübersehbar präsent. Im Zusammenhang mit der Untersuchung von Angst in Hinsicht auf die mangelnde Wahrnehmbarkeit des Klimawandels stellen Lickhardt/Werber fest, „dass gerade der sinnliche Entzug des Phänomens besonders unheimlich und bedrohlich wirkt“ (Lickhardt/Werber, 2013: 370). Allerdings ist nicht zu übersehen, dass sowohl der Klimawandel als auch die Corona-Pandemie massenmediale Darstellungen hervorrufen, die sehr wohl bedrohlich wirken können, indem das entsprechende Phänomen in einer „medialisierten Übergröße“ präsentiert wird (Lickhardt/Werber, 2013: 372). Bildliche, fotographische Darstellungen heraufziehender dunkler und bedrohlicher Wolken über abgeernteten Feldern symbolisieren prototypisch die ökologischen Gefährdungen (Gansel, 2020: 71). Die übergroße sowie teilweise recht ästhetische Modellierung des Corona-Virus als Kugel mit seinen Spikes im Hintergrund von TV-Nachrichtensendungen oder hundertfach wiederholte Abbildungen einer Spritze samt Impfstoff, der Blick in eine Intensivstation oder ein Foto der Verabreichung einer Injektion erscheinen als Strategien der Verbildlichung von Gefahren für die Gesundheit oder ihres Schutzes und stehen im Dienst einer persuasiven Funktion, nämlich, die Notwendigkeit einer Injektion als vornehmlich einzigen Schutz gegen das Virus plausibel zu machen und die Impfbereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen.
Derartige Fotos erscheinen äußerst gängig und begegnen einem bei jedem Blick in Google-Nachrichten in den vergangenen 20 Monaten. Um ein Beispiel zu geben: in den Google-Nachrichten erscheint am 15. Januar 2022 ein Focus-Online Artikel vom 14. Januar 2022 / 16:23 mit den Überschriften „Erst Frankreich-Variante, dann ‚Deltracron‘. Kommt jetzt noch die Super-Mutation? Das sagen die Corona-Experten“ (Focus, 2022). Darunter die übliche übergroße Virusabbildung mit weiterhin umherschwirrenden Viren in einer gelb-orange-roten ringförmigen Umgebung. Unterhalb des Bildes die dazugehörige Unterschrift: „Virologen schätzen das Risiko einer komplett veränderten Mutation als gering ein“ (Ebd.). Damit ist eigentlich alles gesagt und im Text kommen mehrere Virologen zu Wort, die eine eher zuversichtliche Zukunft in Hinblick auf eine endemische Situation auf der Grundlage ihrer Erkenntnisse zeichnen. Aber schon im folgend aufgeführten Artikel warnt ein Oberarzt vor gefährlichem Omikron-Trugschluss: „Der Booster ist unverzichtbar“ (Ebd.). Das dazugehörige Video wird mit einem personalisierten Foto sowie einer prototypischen Covid-19-Virus-Abbildung illustriert.
Auch die Tageszeitung Nordkurier für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern nutzt diese prototypischen Fotos in Verbindung mit ihren redaktionellen Beiträgen. Die Ausgabe vom 20. Dezember 2021 überschreibt ihren Beitrag mit der Überschrift „Impfpflicht: Körperverletzung oder eine notwendige Maßnahme?“ (Nordkurier, 2021: 4). Dazu wird das prototypisch konventionalisierte Foto einer Spritze gesetzt, die sich in einen Oberarm bohrt, ein Mensch, der die Spritze verabreicht mit Handschuhen und in Schutzbekleidung. In der Ausgabe vom 11. Januar 2022 ist eine sehr große Überschrift mit dem verharmlosenden Ausdruck „Piks“ zu lesen: „Mit dem Piks gegen Omikron: Wie gut schützt die (Booster-)Impfung?“ (Kaukemüller, 2022:18). Ergänzt wird der Text durch ein Foto mit dem bereits beschriebenen Sujet. Beide Fotos erscheinen in der Größe von 12 mal 13 Zentimetern. Der Text wird um das Foto herum angeordnet. Zu erwähnen ist an dieser Stelle, welche Benennungen die Injektion mit einem bisher unbekannten und neuen Medikament in den benannten Ausgaben erfährt: Körperverletzung – Maßnahme – Piks. Während das Lexem Körperverletzung negativ konnotiert ist, wirkt das Lexem Maßnahme im Sinne einer Obligation und Verpflichtung. Das Lexem Piks, das im deutschen Sprachgebrauch langläufig gebraucht wird, wirkt verharmlosend und steht im Kontrast zum Foto, denn Schutzkleidung und Handschuhe sprechen für Gefährlichkeit. In der Ausgabe des Nordkurier vom 18. Januar 2022 wird der Beitrag „Ein impfender Minister auf Werbetour“ mit einem Foto verbunden, das die folgende Bildunterschrift trägt: „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach griff gestern im Impfzentrum in Schwerin selbst zur Spritze und setzte fachgerecht einen Piks in den Oberarm“ (Becker, 2022: 3). DUDEN-online notiert zur Bedeutung des Substantivs „Piks“ = „(kleiner, wenig schmerzhafter) Einstich in oder durch die Haut“. In der lexikalischen Bedeutung erscheint also lediglich das Stechen salient. Die Vermutung, dass das „Coronawörterbuch“ des Instituts für Deutsche Sprache das Lexem auflistet, da sich möglicherweise in der Corona-Pandemie eine Abwandlungsvariante herausgebildet hat, wird enttäuscht.
Eine Recherche in COSMAS II ergab, dass das Lexem Piks im Zusammenhang mit Blutspenden oder Diabetes bereits in den Jahrzehnten vor den 1990er Jahren Verwendung fand. Im Zusammenhang mit Impfungen taucht es in der Mitte der 1990er Jahre auf. Der erste Beleg im Zusammenhang mit einer Impfung findet sich in der Süddeutschen Zeitung:
„Bei Säuglingen sollte der Arzt die Impfnadel besser am Bein als am Arm ansetzen. Denn wird ein Impfstoff in den Oberschenkel gespritzt, hat er dort weniger lokale Nebenwirkungen. Dies ist das Ergebnis einer Studie an der Universität Mainz unter Leitung von Heinz-Josef Schmitt. 110 Säuglinge wurden dort dreimal im Abstand von jeweils vier Wochen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten sowie gegen Erkrankungen durch den Erreger Haemophilus influenzae geimpft. 71 Prozent der kleinen Patienten hatten nach dem dritten Piks in den Arm eine leicht gerötete Haut an der Einstichstelle; bei Kindern, die die Injektionen in den Oberschenkel bekamen, waren es nur 30 Prozent. Minimale Schwellungen am Arm gab es viermal häufiger als am Bein. Bei allen Kindern hatte die Impfung die gewünschte Wirkung.“ (Süddeutsche Zeitung, 1995: 29).
Hier findet sich auch der Beleg der Frankfurter Rundschau vom 17.03.1997 mit dem Beitrag „Spritze auf dem Spielplatz / Noch drei Monate Ungewißheit / Gesundheitsamt Ein Piks macht Eltern Angst: Wurde ihr Sohn mit HIV-Virus infiziert?“ (FAZ 1997: 17). Die Verwendung von Piks geht also auf den Kontext zurück, dass „kleine Patienten“ geimpft werden und hier die Impfung gegenüber diesen verharmlost wird, um Angst zu vermeiden. Im zweiten Beleg ist der Piks dann jedoch mit Gefahr verbunden. Inzwischen werden Kleinkinder mit einer Vier- oder Sechsfachimpfung gegen etliche Kinderkrankheiten und Infektionsmöglichkeiten versehen. Auch in diesem Zusammenhang sind in den Texten der Korpora zur Schriftsprache in COSMAS II Verwendungen des Lexems „Piks“ üblich. Das Jahr 2020 zeigt in der Cosmas-Recherche, die sich auf Massenmedien bezieht, die meisten Belege – 144 Treffer in 128 Texten. Allerdings sagt Piks, das nun metonymisch generell für Impfung steht, in seiner Bedeutung nichts über den Inhalt des Impfstoffes aus und blendet zudem aus, dass man an einem Piks nicht stirbt, eine Impfung gelegentlich jedoch zum Tode führen kann. So wird in der Sprache der Corona-Pandemie Piks auch weiterhin verharmlosend mit Bezug auf Kinder und Erwachsene verwendet. Dies steht in Verbindung damit, dass eine offene und kritische Diskussion über die neue Impfstofftechnologie mit mRNA-Impfstoffen bzw. Vektor-Impfstoffen und über Impfnebenwirkungen kaum oder gar nicht stattfindet. Die Verharmlosung wird nunmehr also zur Besänftigung, zum Angstabbau genutzt.
Im Nordkurier vom 22. Dezember 2021 wird der Beitrag „Deutlich mehr Corona-Patienten auf den Intensivstationen als geplant“ durch den Blick in eine Intensivstation (medizinisches Personal in Schutzkleidung, gebeugt über eine nicht sichtbare Person umgeben von Apparaten) illustriert. Die Unterschrift zum Bild lautet: „Eigentlich sind viel weniger Intensivbetten für Corona-Patienten vorgesehen, als gegenwärtig in den hiesigen Krankenhäusern belegt sind“ (Peters, 2021: 12). Das präsupponierte Weltwissen, dass nämlich während der Pandemie etwa 4.800 Krankenhausbetten in Deutschland abgebaut wurden, führt zu der Implikatur, dass es durchaus mehr Betten hätte geben können. Es entsteht jedoch der Eindruck einer Überbelegung und Überlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen durch die Pandemie, was einem gängigen Narrativ folgt.
3. Selektivität und Strategien in der Rhetorik der Angst
3.1 Zur Eigenlogik der journalistischen Massenmedien
Im folgenden Abschnitt dieses Beitrags geht es um Aspekte der Selektivität einer Rhetorik der Angst, wie Luhmann sie beschreibt und wie sie in Hinblick auf massenmediale journalistische Kommunikation erläutert werden soll. So formuliert er: „Selektiv ist die Rhetorik der Angst auch insofern, als sie die Entwicklung zum Schlimmeren betont und die vielen bemerkenswerten Fortschritte [...] verschweigt“ (Luhmann, 2008: 160). Dass Selektivität nicht nur für angstbezogene Kommunikation, sondern generell in der Kommunikation der Massenmedien ein zentraler Aspekt ist, soll nachfolgend gezeigt werden.
Für die Massenmedien der Gesellschaft als ein funktionales System sind vor diesem Hintergrund zunächst das symbolisch generalisierte Medium und die darauf bezogene binäre Codierung zu bestimmen. Zu diesem Zweck werden Luhmanns Erkenntnisse zur Wirklichkeitskonstruktion in den Massenmedien herangezogen. Der folgende erste Satz aus Luhmanns Werk „Die Realität der Massenmedien“ wird oft zitiert: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien“ (Luhmann, 2009: 9). In diskurslinguistischen Arbeiten wird dieser Satz durchaus ernst genommen. Allerdings heißt es ein paar Sätze weiter bei Luhmann:
„Andererseits wissen wir so viel über die Massenmedien, daß wir diesen Quellen nicht trauen können. Wir wehren uns mit einem Manipulationsverdacht, der aber nicht zu nennenswerten Konsequenzen führt, da das den Massenmedien entnommene Wissen sich wie von selbst zu einem selbstverstärkenden Gefüge zusammenschließt“ (Ebd.).
Dieses Paradox erklärt Luhmann in seinen Überlegungen eben nicht mit dem Konzept der Manipulation, sondern mit einem Effekt der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft und beschreibt das „Eigenverhalten“ des Systems. In der Suche nach einem „geneigten Publikum“ konstruieren die Massenmedien eine Realität in dem Sinne, „was für sie oder durch sie für andere als Realität erscheint“ [Hervorhebung im Original] (Luhmann, 2009: 12). Dabei ist von Vorteil, dass in massenmedialer Kommunikation die Interaktion unter Anwesenden durch die „Zwischenschaltung von Technik“ ausgeschlossen ist. Eine spontane Reaktion auf Äußerungen, wie es in der Face-to-Face-Situation erfolgen kann, ist nicht möglich. (Luhmann, 2009: 10).1 Dies, so Luhmann, sichert
„hohe Freiheitsgrade der Kommunikation. Dadurch entsteht ein Überschuß an Kommunikationsmöglichkeiten, der nur noch systemintern durch Selbstorganisation und durch eigene Realitätskonstruktionen kontrolliert werden kann. Andererseits sind zwei Selektoren am Werk: die Sendebereitschaft und das Einschaltinteresse, die zentral nicht koordiniert werden können. Die Organisationen, die die Kommunikation der Massenmedien produzieren, sind auf Vermutungen über Zumutbarkeit und Akzeptanz angewiesen“ (Luhmann, 2009: 11).
Von seinem Ansatz her, massenmediale Beobachter zu beobachten, „wie sie Realität konstruieren“ beschreibt Luhmann die Selbst- und Fremdreferenz der Massenmedien (Luhmann, 2009: 15). Die Fremdreferenz zeige sich in der Wahl von Themen, die die Gesamtgesellschaft betreffen und Grundlage für die Kommunikation sind. Anders formuliert: In Ermangelung eigener selbstbezüglicher Inhalte wählen die Massenmedien Gegenstände der Beobachtung in der Gesellschaft aus und thematisieren diese in ihren Ressorts wie Politik, Wirtschaft oder Sport. Das Verhältnis von Fremd- und Selbstreferenz erfordert einen beständigen Abgleich, wie Luhmann notiert: „Auf thematischer Ebene kommt es deshalb zu einer laufenden Abstimmung von Fremdreferenz und Selbstreferenz innerhalb der systemeigenen Kommunikation.“ (Luhmann, 2009: 21-22 Hervorhebung im Original). Die aktuelle Situation in der Corona-Pandemie zeigt, wie die Themenwahl erfolgt. Ein Ereignis in seinem Verlauf über zwei Jahre bestimmt die Themenwahl der Medien in hohem Maße und ist zudem dazu angetan, ein immerwährendes Gefahrenpotential zu zeichnen und aufrechtzuhalten, indem diese insbesondere als darstellungswürdige Themen gesehen werden. Da man nicht alles umfassend beobachten kann, was in der Gesellschaft passiert, ist das Weglassen von Informationen gängige Praxis. Auch für einen Bericht zu einer Bundespressekonferenz muss selektiert werden, was an Informationen aufgenommen werden kann, und dies sind solche, die im Narrativ der Gefahren für die Gesundheit und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verharren vermögen. So zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Pressekonferenz von Drosten, Wieler und Lauterbach vom 14. Januar 2022: „Durch die Anti-Corona-Maßnahmen sind die Kontakte in Deutschland auf etwa 50 Prozent des ‚vorpandemischen Zeitalters‘ reduziert. ‚Trotzdem gibt es keinen Grund zur Entwarnung‘, sagte Lauterbach.“ Mit Bezug auf Wieler wird festgehalten: „Durch die Masse an Infektionen müsse man sich darauf einstellen, dass die Zahlen der Krankenhauseinweisungen und der Todesfälle wieder stiegen. Bisher hätten die Todesfälle noch nicht wieder zugenommen: ‚Das wird sich aber ändern‘“ (Schmoll, 2022). Alles in allem sind es die negativen Aussagen, die direkt zitiert werden und mögliche in eine positive Richtung gehende Ansätze konterkarieren.
Das symbolisch generalisierte Erfolgsmedium der Massenmedien für Kommunikation ist für Luhmann klar „Information“. Diese Einordnung findet in der wissenschaftlichen Rezeption von Luhmanns Werk zur Realität der Massenmedien hinreichend Kritik, wenn dagegengehalten wird, dass in jedem funktionalen System in der Gesellschaft Informationen verarbeitet und kommuniziert werden müssen. Dies erfolgt jedoch auf der Grundlage jeweils anderer generalisierter Medien wie Macht in der Politik oder Glaube in der Religion (Vgl. Eckhold, 2007). Verbindet man jedoch, wie Luhmann es auch beschreibt, Information mit dem Aspekt der Selektion und nur mit Selektion macht es Sinn.2 Auf das symbolisch generalisierte Medium Information bezieht Luhmann die binäre Codierung: „Der Code des Systems der Massenmedien ist die Unterscheidung von Information und Nichtinformation“ (Luhmann, 2009: 28). Es muss etwas als nichtinformativ reflektieren, weil es sonst „keine eigene Reduktion von Komplexität, keine eigene Selektion organisieren könnte“ (Ebd.). Dies bedeutet weiterhin, dass das System mit Zeitbezug operiert und in der Zeit entscheiden muss, was als informativ oder nichtinformativ gilt. Auf diese Weise werden Nachrichten als aktuell wahrgenommen.
Im Folgenden geht es darum, Strategien für Informationsselektionen mit Bezug auf angstbezogene Kommunikation zu ermitteln und zu reflektieren. Der aktuelle massenmediale journalistische Gebrauch von Sprache in den vergangenen zwei Jahren gibt Aufschluss über Möglichkeiten des Wahrnehmens und Unterscheidens in den gewählten sprachlichen Formen sowie über die Veränderung von Bedeutungen.3 Das Lexem Querdenker ist ein Beispiel für die Strategie der Abwandlung von Bedeutung. Es werden weiterhin Strategien in den Blick genommen, die in besonderem Maße dazu geeignet erscheinen, ein Gefühl der Furcht, der gesteigerten Angst zu evozieren. Dazu gehören neben Umdeutungen oder Bedeutungsverschlechterungen der Ausdruck von Wahrscheinlichkeiten, Zahlen und Vagheit, Kontraste oder hyperbolisch gebrauchte bildliche Ausdrücke. Ein erster Abschnitt dazu wird dem Lexem Querdenker gewidmet.
3.2 Querdenker
Zunächst sei die aktuelle Bedeutung des Lexems Querdenker festgehalten, die das Lexikon der Neologismen in der Coronapandemie des Instituts für Deutsche Sprache notiert: „Person, die die allgemein gültigen Verhaltensregeln zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie sowie weitere staatliche Regelungen im Zusammenhang mit der Pandemie (politisch und weltanschaulich unterschiedlich motiviert) ablehnt“ (Neologismenwörterbuch: Stichwort Querdenker).4 Als Belegstelle wird eine Aussage des Ministerpräsidenten Hessens Volker Bouffier vom November 2020 aufgeführt, der warnte, die Proteste pauschal zu verurteilen. Kritisch beurteilt er jedoch Menschen, die mit Gewalt operieren und deshalb präventiv vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten.
Nun hat das Lexem Querdenker eine längere Geschichte und hat das Lexem Wutbürger abgelöst. Das Etikett „Wutbürger“ wurde 2010 von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt und ist im DEREKO (Referenzkorpus für deutsche Sprache5) erst seit 2007 präsent. Die Verwendung vor allem in der Presse im Rahmen der Berichterstattung zu den Protesten gegen das Projekt „Stuttgart 21“ erreichte 2011 mit 1.223 Treffern in 889 Texten ihren Höhepunkt.6 Ab dem Frühjahr 2020 setzte sich zur Abwertung von Protestbewegungen das Etikett „Querdenker“ durch. Im DEREKO ist das Lexem Querdenker seit 1972 belegt und hier noch mit einer positiven Konnotation versehen, wie die Belege offenbaren: „ein menschenfreundlicher Querdenker, ein rastloser In-Frage-Steller, ein bunter Störenfried – eine hilfreiche Erscheinung“ (Die Zeit, 1972: 42) [vom 27. Juli 1972, S. 42]. In einem Beitrag der Nürnberger Zeitung vom 26. Februar 1990 wird Ralph Giordano, seinerzeit gerade mit dem Preis der Heinz-Galinski-Stiftung geehrt, als „Querdenker und unbequemer Geist“ gewürdigt. Im August 2020 zeigt sich in Spiegel Online (25. August 2020, Für die Traurigen und die Müden) ein anderes Bild, das mit Würdigung nichts mehr zu tun hat: „Am Wochenende werden in Berlin wieder Nazis gegen Schutzmaßnahmen demonstrieren und Verschwörungstheorien verbreiten. (Natürlich nicht nur Nazis, sondern auch Leute, die kein Problem damit haben, neben Nazis zu demonstrieren)“. Der unbequeme Geist spielt in der Bedeutung des Lexems keine Rolle mehr und ebenso nicht ein positiv bedachter Störenfried, es hat im Sinne des Bedeutungswandels eine Bedeutungsverschlechterung durchgemacht. Diese wird dadurch verstärkt, dass es durchaus üblich ist, eine Nähe der Demonstranten zur AfD zu konstatieren. Der Kommentar des Autors in Klammern bringt das salient gesetzte Sem in einem nächsten Schritt der Bedeutungskonstituierung auf den Punkt: ‚wer neben Nazis demonstriert = Nazi‘ und damit wird eine Protestbewegung einseitig stigmatisiert. Diese einseitige Bewertung impliziert, dass keine weiteren Erklärungen erforderlich sind: Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Politik sind negativ zu bewerten, weil sie von Querdenkern ausgerichtet werden, die sich mit Nazis gemein machen und Verschwörungsideologien anhängen. Statistische Erhebungen zur Zusammensetzung der Demonstrierenden existieren nicht. Dennoch wird die Deutungshoheit beansprucht.
Eine solche durch die Massenmedien konventionalisierte Sichtweise verstellt zum einen den Blick auf Demonstrationsteilnehmer aus der Ärzteschaft, der Pflege, die besonders von einer bereits geltenden Impfpflicht betroffen sind, oder der Elternschaft, die sich um ihre Kinder sorgt. Zum anderen werden Inhalte des Protests wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit mit Benennungen wie Impfgegner oder Impfskeptiker abgewehrt, denn eine Nichtinanspruchnahme einer Injektion von Corona-Impfstoffen muss nicht bedeuten, dass grundsätzlich Impfungen abgelehnt werden. Das Impfen wird durchgängig in den Medien als Ausweg aus der Pandemie propagiert. Befürchtungen, durch eine Impfpflicht den Arbeitsplatz zu verlieren oder als ungeimpfte Person aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt zu werden, scheinen berechtigt, werden jedoch in geringem Maße thematisiert. Vielmehr wird nach obskuren Begründungen für eine Impfskepsis gesucht, wie beispielsweise in dem Artikel „Ursprünge der Impfskepsis. Eine deutsche Besonderheit“ von Christian Jakob, der am 20.12.2021 auf taz-online erschien. Im Vorspann heißt es: „In den deutschsprachigen Ländern herrscht Misstrauen gegenüber der Impfung. Das ist auf die Romantik zurückzuführen.“ Stefan Matuschek hält mit seinem Beitrag dagegen mit einer Form der Beobachtung dritter Ordnung, indem er beobachtet, wie der Journalist Jakob die Welt beobachtet: „Impfgegner: Der Romantik-Popanz“:
„Nun hat dieselbe Impfkampagne ein anderes Klischee wiederbelebt: die Romantik als deutsches Verhängnis, als kollektiver Erbschaden des irrationalen Antimodernismus. Diese nationalcharakterliche Eigenheit, heißt es jetzt in journalistischen Reflexionen, sei für die relativ geringe Impfquote in den deutschsprachigen Ländern verantwortlich. Aus der Romantik stamme die wissenschafts- und technikfeindliche Naturschwärmerei, die mehr an die Selbstheilung eines ganzheitlichen Bewusstseins glaube als an Laborprodukte der spezialisierten Spitzenforschung und Pharmaindustrie. In der Popularität von Naturheilverfahren und Homöopathie lebe der Irrationalismus der deutschen Romantik fort, der nun eine effiziente Corona-Politik untergrabe“ (Matuschek, 2021).
Letztlich entbehrt eine derartige Herleitung der Ablehnung von Injektionen, deren Wirksamkeit in der Politik kritisch reflektiert werden müsste, jeglicher Plausibilität. Sie scheint aber Aufmerksamkeit zu erregen und die selbstbeobachtende Reflexion durch Akteure des Systems selbst anzuregen.
3.3 Vagheiten, Zahlen, Vermutungen, Drohungen
Besonders auffällig erscheinen in der Kommunikation der CORONA-Pandemie Unklarheiten, aktuell je nach Lage der Dinge wechselnde Verordnungen über 2G, 2G+, 3G (geimpft und genesen; geimpft, genesen und getestet; geimpft, genesen und ungeimpft getestet), die über den Zugang zum gesellschaftlichen Leben und zu Institutionen entscheiden. Was einmal gilt, kann überholt sein, so wie die Entscheidung des Robert-Koch-Instituts in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium vom 14.01.2022, den Genesenenstatus nach einer durchlebten Infektion nach drei Monaten aufzuheben, vorher galten sechs Monate. Der Nordkurier berichtet erst am 18. Januar 2022 darüber unter dem Titel „Achtung Genesene: Status gilt nur noch drei Monate“. Im Vorspann heißt es: „Omikron verbreitet sich in Windeseile – und Politik und Behörden versuchen, die Regeln an die Corona-Variante anzupassen. Nun wurden die Vorgaben für Genesene geändert“. Diese Veränderung wird zwar mit wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet, jedoch nicht erklärt, was der Autor des Artikels auch in indirekter Rede wiedergibt: „Hintergrund sei, dass wegen Omikron ein sehr viel größeres Risiko bestehe, dann bereits erneut zu erkranken oder Überträger zu sein“ (Meyer, 2022: 17). In einer Zwischenüberschrift des Artikels heißt es „Neue ‚Spielregeln‘ für die Impfpflicht durch Omikron?“ und es schließt an: „Das RKI erläutert zugleich: ‚Diese Vorgaben werden regelmäßig überprüft und können sich gemäß Stand der Wissenschaft ändern‘“. Und in der Tat – zwei Tage später gilt eine vollständige Impfung nur mit Booster, Erst- und Zweitimpfungen gelten als Grundimmunisierung. Derartige Veränderungen können nun zu Irritation, Verstörung und Beunruhigung führen. Beunruhigend ist allerdings auch, dass der Redakteur des Artikels den Begriff Spielregeln nutzt. Spielregeln gelten in der Regel für eine gewisse Zeit und deren Änderung muss den Spielpartnern angezeigt werden, ansonsten wird ja unter falschen Voraussetzungen gespielt respektive gehandelt. In dieser Hinsicht findet sich nicht die leiseste Anmerkung des Redakteurs, dessen Aufgabe eigentlich darin besteht zu informieren, was er mit dem Achtungszeichen getan hat. Dennoch erscheint der Begriff Spielregeln im Zusammenhang mit einer Berichterstattung in der Pandemie unangemessen, es geht nicht um ein Spiel, sondern um eine ernste Angelegenheit, die Millionen Menschen betrifft. Weiterhin wird in dem Artikel Christian Drosten zitiert, der auf einen breit in der Bevölkerung verankerten Impfschutz verweist. Dem Autor ist es wichtig zu ergänzen und Drosten in einem indirekten Zitat wiederzugeben „- sonst würden zu viele Menschen sterben“ und der Artikel schließt im Zusammenhang mit Coronazahlen des Tages mit dem Satz ab: „Binnen 24 Stunden wurden 30 Todesfälle verzeichnet“ (Ebd.).
Das Ziel derartiger Kommunikation ist letztlich die Impfung und die Bereitschaft dazu zu erhöhen auch nach einer Genesung von einer SARS-CoV-2-Virus-Infektion und Erkrankung sowie eine Impfpflicht zu legitimieren.7 Der letzte Satz des Artikels führt zu einem weiteren Genauigkeits- bzw. Vagheitsproblem, das mit der Aufführung von Zahlen in Verbindung steht.
Den Neologismus Coronasterblichkeit beschreibt das Neologismenlexikon zur Coronapandemie des IDS als den „Anteil der Todesfälle unter allen Personen, die mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert sind“ (Neologismenwörterbuch zur Sprache in der Coronapandemie). Was bedeutet diese Definition? Bedeutet Infektion gleich Erkrankung oder Schwererkrankung oder ist gemeint, dass Menschen an anderen Grunderkrankungen sterben und zufällig bei ihnen eine Infektion mit dem Virus festgestellt wurde? In der massenmedialen Kommunikation während der Pandemie hatte sich in der täglichen Dokumentation der Todesfälle diesbezüglich die Formel „an oder im Zusammenhang mit“ dem Virus etabliert. Zu beobachten ist aktuell im Januar 2022, dass diese Formel seltener, variiert unter Weglassung von „an“ oder nicht mehr gebraucht wird (Matuschek, 2021), sondern es wird formuliert: „Die Zahl der Todesfälle stieg um x auf y“. Dabei wird die umstrittene Formel nicht mehr gewählt und nun auch nicht mehr hinterfragt, denn sie ließ gleichfalls im Unklaren, was an oder mit dem Virus bedeutet und wie eine differenzierte Zahlenbilanz aussieht. Bereits im September 2021 hieß es in einem Beitrag von Nils Metzger auf ZDFheute:
„RKI-Statistik. Zu viele Menschen als Corona-Tote gezählt?‚ Corona bei 80 Prozent der offiziellen Covid-Toten wohl nicht Todesursache‘, titelt die ‚Welt‘. Die Beweislage ist dünn. Trotzdem könnten die Corona-Statistiken verbessert werden. [...] AfD-Politiker und Querdenker sahen sich daraufhin in ihrer Meinung von einer angeblich vom Robert-Koch-Institut (RKI) herbeigerechneten Pandemie bestätigt. Auch FDP-Politiker Wolfgang Kubicki schrieb auf Facebook von einem ‚weiteren Schlag für die Glaubwürdigkeit‘ des RKI“ (Metzger, 2021, Hervorhebung durch Autorin).
In dem vom 30.08.2021 stammenden Beitrag in Welt-online, auf den verwiesen wird, heißt es mit Bezug auf einen Mediziner: „Bei einem Großteil der vom RKI gemeldeten Corona-Toten sei offen, woran sie gestorben sind – die Sterbestatistik werde zunehmend verzerrt.“ Es wird vom ZDF-Redakteur ein eher kritisches Blatt zitiert in der Selbstbeobachtung des Systems. Zugleich wird in beiden Medien abgeschwächt durch die Modalpartikel wohl. Gegen zunehmend verzerrt in der Welt setzt das ZDF die Merkmalszuweisung ist dünn. Das konzessive Adverb kündigt die Meinung an, dass Verbesserung gut wäre. Mit Bezug auf die AfD und Kubicki wird notiert, wem derartige kritische Beiträge, wie der in der Welt, nützen könnten (Vgl. ebd.).
Die dänische Boulevardzeitung „Ekstra Bladet“ titelte laut RTDE vom 14. Januar 2022 in einer Selbstbeobachtung „Wir haben versagt“ und meint damit, dass nicht hinterfragt wurde,
„was es eigentlich bedeutet, dass Menschen mit Corona und nicht wegen Corona im Krankenhaus behandelt werden müssten. Man sei „nicht wachsam genug“ gewesen. Doch diese Frage sei nun einmal entscheidend. So habe sich [...] nun herausgestellt, dass bei 27 Prozent der entsprechenden Patienten "Corona" nicht die Hauptdiagnose gewesen sei“ (RT 2021).
Mit einer ähnlichen Prozentzahl wird in den Folgetagen in BildTV operiert. Nun wird in den vorangegangenen Belegen der komplizierte – weil von Behörden übernommene – und undurchsichtige Umgang in den Medien mit Zahlen – weil in einer Beobachtung zweiter Ordnung – in der Pandemieberichterstattung einsichtig. Zahlen erwecken in den selektiven journalistischen Operationen einen faktischen und wissenschaftlichen Eindruck. Sie sind für die Leserschaft nicht mehr durchschaubar und auch die Vorstellung, die Leserschaft könne sich auf der Grundlage benannter Studien selbst ein Bild machen, erscheint als Zumutung, also muss das genommen werden, was erscheint.
Auf Zeit-Online vom 05. Januar 2022 wird Christian Drosten mit dem Satz zitiert: „Was richtig schützt gegen Omikron ist die Dreifach-Impfung“ (Drosten 2022), deshalb sei sie besonders wichtig. Und weiter heißt es mit Bezug auf das Corona-Update des Drosten-Podcast bei NDR-Info: „‘Boostern mache den Unterschied‘“, sagt Christian Drosten. Erst dann gebe es ein signifikant niedrigeres Infektionsrisiko. Omikron werde auch hier ‚das Geschäft übernehmen‘. Und weiter heißt es:
„Eine Studie aus Dänemark aus dem Dezember zeige, wie wichtig Booster-Impfungen seien. Erst die dritte Impfdosis senke demnach das Risiko, sich mit Omikron anzustecken, signifikant, sagte Drosten. ‚Die doppelte Impfung wird für die Verbreitungskontrolle wahrscheinlich weniger beitragen bei Omikron. Da sind wir ziemlich ungeschützt‘, sagte der Leitende Virologe der Berliner Charité. ‚Die Dreifach-Impfung macht den Unterschied.‘ Drosten verwies hier auf eine Studie des Imperial College London mit Stand kurz vor Weihnachten. Derzufolge ist das Hospitalisierungs-Risiko bei einer Infektion mit der Omikron-Virusvariante um bis zu 30 Prozent geringer als bei der Delta-Virusvariante. Bei Menschen mit zwei Impfungen sinke das Risiko um 34 Prozent, bei denen, die eine Auffrischung erhalten haben um 63 Prozent. ‚Der Gewinn nicht geimpft zu zweifach geimpft ist nur zehn Prozent mehr, aber der Gewinn von zweifach geimpft zu dreifach geimpft ist dann fast eine Verdopplung.‘ Infizieren sich Ungeimpfte mit der Omikron-Virusvariante, sinkt der Studie aus London zufolge, das Risiko einer Hospitalisierung um 24 Prozent. Drosten zufolge sei dies, angesichts der ‚vielen Ungeimpften, die wir leider in Deutschland haben‘, zwar eine gute Nachricht. Jedoch sei zwangsläufig mit ganz unterschiedlich schweren Verläufen zu rechnen und keine Entwarnung angebracht. Drosten warnte eindringlich davor, zu dem Schluss zu kommen, es sei besser, eine Infektion durchzumachen als sich impfen lassen“ (Ebd.).
Die aus einer Studie entnommenen Zahlen erweisen sich als durchaus stimmig für das Verständnis des Textes. Aber was bedeuten die Zahlen letztlich für ein Individuum, das eine Impfentscheidung treffen soll. Schon wenige Wochen später wird über unterschiedliche Nachrichtenkanäle und Informationen des RKI klar, dass auch mit einer dritten Injektion versehene Personen nicht von einem Impfdurchbruch verschont bleiben, vielleicht von schweren Erkrankungen.8 Die Zahlen und Vergleiche könnten für eine Leserschaft beruhigend wirken. Sie werden indes in dem Text als eine Größe notiert, die mit einem folgenden adversativen jedoch in Relation gesetzt werden, das zu einer Warnung führt, die Drosten ausgesprochen habe.
Ein weiteres Beispiel sei notiert, das in der Talkshow Markus Lanz am 19.01.2022 eine Rolle spielte und nicht nur bei Lanz für Verwirrung sorgte, sondern auch bei der WELT. Die WELT berichtet auf ihrer Online-Ausgabe am 20.01.2022 über die Talkshow unter dem Titel „Markus Lanz sichtlich irritiert – Lauterbachs verwirrende Aussagen zum Schnelltest“ (Lübberding/Vorbrüggen, 2022). Es ging in der Talkshow um die Frage, ob positive Schnelltests genauso wie positive PCR-Tests in die Statistik als Covid-19-Fall eingehen. Der Gesundheitsminister antwortet: „Wenn ein Schnelltest an das Gesundheitsamt gemeldet wird, ist er gültig und zählt“ und bestätigt damit die sächsische Sozialministerin Köpping. Die WELT dazu in dem Beitrag: „Auf Anfrage von WELT stellte eine Pressesprecherin des RKI fest, dass positive Schnelltests weiterhin keine Rolle spielen. Demnach fließen nur positive PCR-Tests in die Statistik ein“ (Ebd.). Wie ist diese Diskrepanz nun aufzulösen, fragt sich die Leserin und Autorin dieses Beitrags.
Festgelegt hatte der Gesundheitsminister bereits, dass eine Zweifachimpfung nur noch als Grundimmunisierung gilt, mit der Booster-Impfung sei man „gegen alle Corona-Varianten – zumindest vor schwerer Krankheit und Tod – geschützt“ und diese sei unabdingbar, woran sich die Impfpflicht orientieren müsse. An der Impfung führe kein Weg vorbei. Und der Minister warnt: „Das Varianten-Alphabet wird nicht mit Omikron enden“. Weiterhin spricht er von einem möglichen mutierten Delta-Typ, von der Wahrscheinlichkeit, dass Ungeimpfte, die an Omikron erkranken, gegen Delta nur einen 50 prozentigen Schutz hätten. Und schließlich eine Drohung Lauterbachs im Original: „Das Varianten-Alphabet wird nicht mit Omikron enden“ (RTDE, 2022).
In diesem Sinne wird zur Corona-Entwicklung Christian Drosten am 23. Januar 2022 in einem Interview im Deutschlandfunk befragt und auch hier nehmen die Wahrscheinlichkeiten kein Ende: „Es ist keinesfalls sicher, dass Omikron im abgemilderten Zustand bleiben wird“, es gäbe verschiedene Möglichkeiten der Entwicklung zu einer stärkeren Variante; man müsse derzeit befürchten, dass es eine Rekombination von Delta und Omikron gäbe; dass Omikron den Immunschutz der Bevölkerung umgehe; leider die stärksten Eigenschaften von Omikron und Delta vereinen; es könnte sein, Ungeimpfte hätten keinen Immunschutz, Immunsystem könne durch Serotyp ausgetrickst werden; alles spreche für zusätzliche Impfungen usw. (Drosten, 2022 b).9
Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht spricht von „Panikmache“, der Virologe Klaus Stöhr formuliert, dass Lauterbach „irrlichtert“. Es ist zu konstatieren, dass gerade Wahrscheinlichkeiten von den Medien gern aufgenommen werden und sprachliche Mittel der Modalisierung und dabei insbesondere solche, die Modalität der Möglichkeit signalisieren wie Modalverben, Modalpartikel, vage Temporaladverbien oder adversative Adverbien. Dabei werden häufig Kontraste aufgebaut, die auf der einen Seite beruhigen, sodann jedoch negative Möglichkeiten zur Beunruhigung anschließen. Die folgenden Belege sind aus Online-Ausgaben von Focus, BR24 oder Tagesspiegel oder dem Nordkurier als Printausgabe entnommen: gehen momentan/derzeit (noch) zurück, dürfte sich jedoch bald ändern; ein Todesfall von über 60 Jahren – zwei Zeilen weiter dann – ein Patient oder eine Patientin im Alter zwischen 60 und 79 Jahren, bei dem oder der eine Ansteckung nachgewiesen oder vermutet wurde; sicher nachgewiesene und wahrscheinliche Omikron-Fälle; Daten nicht valide, schreibt das RKI einschränkend; milder Verlauf (aber mild ist nicht das, was man allgemeinsprachlich darunter versteht, wie später irgendwann erklärt wird, mild = mit Fieber im Bett liegen); Omikron gegenüber Delta etwas abgeschwächt. („Etwas. Unterschied bei schweren Verläufen unklar.“ Drosten); ein Wermutstropfen ist [...] Ansteckungsrate, so dass Gesundheitssystem doch überlastet werden könnte; jetzt mögen [...], „aber jetzt schreibt Omikron die Regeln“ (Drosten); die Dunkelziffer dürfte höher liegen, da über die Feiertage nicht getestet wurde; dritte Booster-Dosis erhöht die Schutzwirkung deutlich – auch wenn sie im Vergleich zu Delta geringer ausfällt; die nächsten Wochen könnten für Ungeimpfte sehr gefährlich werden; kein Anlass zur Entwarnung; zu frühe Lockerungen gefährden; vor schwerer Erkrankung schütze wohl schon. Die aufgeführten Belege erscheinen stereotyp und bilden das „Rauschen“ derartiger Kommunikation in den Medien ab.
Einen letzten möglichen Aspekt in Hinsicht auf die Selektion von Äußerungen aus dem politischen Bereich durch journalistische Darstellungen sollen Sprachbilder darstellen. Sie dienen dazu, das Virus zu personifizieren: Omikron legt die „Spielregeln“ fest, „übernimmt das Geschäft“ (Drosten), nur die Impfung kann „Omikron seinen Schrecken nehmen“ (Drosten), Omikron umgeht die Schutzwirkung der Impfstoffe. Das Virus wird als Feind dargestellt, der bekämpft werden muss. Das Infektionsgeschehen wird mit Wellen, Hügeln, Mauern, steiler Wand mit Bezug auf die grafischen statistischen Infektionskurven verbildlicht.
Im Gegensatz zu den dargestellten Befunden steht ein in ZEIT-ONLINE am 19. Januar 2022 veröffentlichter Gastbeitrag von Hendrik Streeck, der Mitglied des neu gegründeten Corona-Expertenrats der Bundesregierung ist. Bezeichnend ist die Anmerkung der Redaktion am Schluss des Beitrags, der die in diesem Beitrag angesprochene Problematik der Selektivität nochmals unterstreicht: „Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Artikels war eine Textstelle leider missverständlich verkürzt worden. Wir haben den Fehler korrigiert“ (Streek, 2022, Hervorhebung im Original). Was in Streecks Gastbeitrag beeindruckt, ist der Vorspann, der zudem nicht nur auf die Inhalte, sondern auf die folgende Sprache und den Sprachduktus verweist: „Das Virus wird endemisch. Um zu einem normalen Leben zurückzufinden, brauchen wir klare politische Entscheidungen – und innere Ruhe“. Und damit hat Streeck absolut Recht. Die angesprochene Ruhe spiegelt sich in dem in voller Sachlichkeit gestalteten Text wider, in einer Klarheit des Ausdrucks, dem Verzicht auf Parteilichkeit und Angst- sowie Panikmache und Empathie. Er wirkt überzeugend in der Argumentation des Virologen, von der zu hoffen ist, dass sie in der Expertenkommunikation ernst genommen wird und nicht von den journalistischen Medien in ihrer Selbstbezüglichkeit und in der Stützung mancher nicht mehr nachvollziehbarer Entscheidungen der Regierung zerpflückt wird. Es sei abschließend eine Passage zitiert, in der die kommunikative Misere, die sich in den deutschen Medien in der Kommunikation um die Coronapandemie zeigt, auf den Punkt gebracht wird:
„Die Debatten wurden aggressiver. Manche Kritiker und Verteidiger der Maßnahmen überschlugen sich mit Schuldzuweisungen und Diffamierungen. Unsere Gesellschaft war nicht daran gewöhnt, über eine potenziell tödliche Gefahr rational zu diskutieren – und pragmatisch Lösungen zu erarbeiten. Zu viel Ideologie, zu wenig Expertise. Ein Missverhältnis zwischen Mut und Maß“ (Ebd.).
4. Rhetorik der Angstkommunikation als kommunikative Praktik
Zusammenfassend kann nun vor dem systemtheoretischen Hintergrund festgehalten werden, dass Kommunikation etwas Unwahrscheinliches darstellt, das in Wahrscheinliches gewandelt werden muss. Panik und Angstszenarien werden zur Aufmerksamkeitsgenerierung sowie zur Meinungs- und „soziale(n) Erwartungsbildung“ (Köstler, 2011) genutzt, damit Kommunikation, Kommunikationsbereitschaft, Lesbarkeit, Anschlusskommunikation sowie Anschlusshandlungen wahrscheinlicher und legitimiert werden. Dies erfolgt im Rahmen einer vorgeformten kommunikativen Praktik. Fiehler definiert kommunikative Praktiken als „präformierte Verfahrensweisen, die gesellschaftlich zur Verfügung stehen, wenn bestimmte rekurrente Ziele oder Zwecke kommunikativ realisiert werden sollen“ (Fiehler, 2004: 99). Die in diesem Beitrag bis Januar 2022 zusammengetragenen Befunde können auf der Makroebene eines gesellschaftlichen Teilsystems zu einer kommunikativen (journalistischen) Praktik zusammengefasst und systematisiert werden. Sie hat sich im Rahmen der Covid-Pandemie zu einem konventionalisierten Verfahren herausgebildet. Damit ist die hier zu beschreibende Praktik aus bestimmten sozialen Handlungszusammenhängen journalistischen Schreibens entstanden, aus denen sie ihre Funktionalität gewinnt (Deppermann et al, 2016: 7). Depermann/Feilke/Linke sprechen in diesem Zusammenhang auch von „kontextgebundenen Gepflogenheiten“ (Deppermann et al, 2016: 8). Die mit moralischem Impetus aufgeladene Rhetorik der Angstkommunikation in hegemonialen journalistischen Medien (ihren Informations- und Meinungstextsorten) hat ein Muster ausgeprägt, das sich in einem Schema journalistischen Schreibens auf der Mikroebene sprachlicher Mittel zusammenfassen lässt:
a)
Die Themensetzung erfolgt auf lexikalischer Ebene als Zusammenbindung von Klimawandel und Pandemie.
b)
Das Narrativ von Gefahr ist dominant. Bedrohung sowie Angst zu erkranken oder gar zu sterben werden in der kommunikativen Aktualität gehalten.
c)
Die Aufladung der Angstkommunikation mit Moral ergreift die Gesamtgesellschaft und sichert das Recht des Besorgten, sich zu (politischen) Handlungen verpflichtet zu fühlen.
d)
Angstkommunikation attrahiert Aufmerksamkeit, indem sie Ungewissheiten oder ein Noch-nicht-Wissen proklamiert, das für die Leserschaft erwartbar in sicheres Wissen gewandelt werden muss. Ein Erwartungspegel wird gehalten.
e)
Auffällige sprachliche Mittel zur Konstruktion des Noch-nicht-Wissens sind Mittel der Modalität, Zahlen, lexikalische Vagheitsmarkierer, die Betonung der Entwicklung zu Schlimmerem oder die Aufrechterhaltung der Beunruhigung durch lexikalische Mittel.
f)
Das Muster mündet letztlich in eine sprachlich-kommunikative Praktik des Warnens vor Gefahr und Nichteinhaltung von Regeln und des Aufforderns, Maßnahmen wie insbesondere Impfempfehlungen zu folgen.
 
Die Aufrechterhaltung der Beunruhigung zeigt sich über den vorangegangenen Untersuchungszeitraum hinaus in aktuellen Berichterstattungen hegemonialer Medien zu den Omikron-Varianten BA.4 und BA.5. So berichtet zdf.de am 31. Mai 2022 von der Sorge Frank Ulrich Montgomerys: „Die Variante werde sich auch in Deutschland ausbreiten“. Er warnt vor einem Ausbruch: „Corona ist noch nicht vorbei – das belegt der heftige Ausbruch von Omikron in Portugal“. Und weiter heißt es: „Viele Menschen – auch Geimpfte – würden erkranken. Geimpfte hätten aber deutlich mildere Symptome“. Es folgt fett gedruckt und in größerem Schriftbild die „Impfempfehlung: ‘Impfen, jetzt erst recht! Und nicht Freiheit gegen Sicherheit ausspielen‘“ (ZDF, 2022). Das Auftauchen des Subtyps der Omikron-Variante BA.5 wird weiterhin in einem Panorama-Beitrag auf zdf.de vom 01. Juni 2022 mit der Frage verbunden „Droht eine neue Corona-Welle?“ Hintergrund ist die Verbreitung der Variante in Portugal: “In Portugal verbreitet sich der Omikron-Subtyp BA.5 rasant. Gesundheitsminister Lauterbach warnt deshalb auch für Deutschland vor einem Corona-Herbst. Wie wahrscheinlich ist das?“ Lauterbach wird weiterhin warnend zitiert: „In Portugal zeigt sich leider, dass mit der BA.5-Omikron-Variante auch die Sterblichkeit wieder steigt. Im Herbst müssen wir darauf vorbereitet sein“. Weitere Experten (Drosten, Immunologe Watzl) bestätigen die Wahrscheinlichkeit. Watzl wird abschließend zur Impfung zitiert: „‘Bei vielen Menschen dort (in Portugal – Ch.G.) liegt zudem der Booster inzwischen mehr als ein halbes Jahr zurück. Ich gehe daher auch von einer Stiko-Empfehlung für eine vierte Impfung für Menschen 60 plus im Herbst aus‘“ (Hamann/Metzger, 2022).
Die Redaktion von BR24 nimmt in einem Beitrag vom 28. Mai 2022 die Aussagen aus einem Interview des Bayerischen Rundfunks mit dem RKI-Chef Wieler auf: „Wieler drängt zu neuem Infektionsschutzgesetz. Das Risiko für neue gefährliche Viren steige kontinuierlich.“ Die Wiederholung des Satzes aus der Überschrift in dem Beitrag steigert noch einmal die Gefahrenaussage. Und auch im Herbst würden die Corona-Zahlen wieder steigen, so dass es schwierig sei, „Prognosen für (das) Oktoberfest“ zu geben.10 Dass die Aufrechterhaltung des Themas über den Sommer erfolgen wird, muss nicht eigens erwähnt werden.
5. Verfestigung und Reproduktion des Musters
Im Vorfeld der WHO-Versammlung in Genf vom 22. bis 28. Mai 2022 erscheinen Berichte zu Infektionen mit Affenpocken in Ländern Europas, in denen diese Krankheit bisher nicht aufgetaucht ist. Die G7-Minister um Karl Lauterbach simulieren gemeinsam mit der WHO und der Europäischen Union zu diesem Zeitpunkt ein Pockenpandemie-Szenario mit dem Ziel, das Krisenmanagement für Krisen und mögliche Pandemien zu üben und zu verbessern.
Anhand der medialen deutschen Online-Berichterstattung zu Affenpocken lässt sich nun das Muster der Rhetorik der Angstkommunikation nochmals nachzeichnen. Dies soll beispielhaft an zwei Beiträgen vom 22. Mai 2022 zur Sendung BRISANT der ARD (16.15 Uhr und 19.06 Uhr) erfolgen (ARD 2022a). Die beispielhafte Darlegung resultiert daraus, dass die Sendung wie auch andere journalistische Online-Beiträge zu dem Thema die Quellen dpa/AFP/REUTERS oder auch RND und sich selbst BRISANT angeben. Schon der Titel des Beitrags (19.06 Uhr) arbeitet mit dem Narrativ der Gefahr (b), obwohl im Beitrag gerade nicht von einer großen Gefahr, sondern Vorsicht gesprochen wird: „Neue Virus-Welle. Immer mehr Fälle von Affenpocken – Droht jetzt die nächste Pandemie?“ Zu diesem Zeitpunkt liegen die Infektionen in Deutschland im unteren einstelligen Bereich. Die nicht genauer bezeichnete Gefahr „alarmiert Regierungen und Experten“, „US-Präsident Joe Biden warnte am Sonntag vor ‚schwerwiegenden Folgen‘, sollte sich die Krankheit weiter ausbreiten“; die WHO „befürchtet, dass die Zahl der Fälle in den Sommermonaten weiter ansteigen könnte“, „Expertinnen und Experten befürchten aktuell noch keine neue Pandemie, fordern jedoch ein konsequentes Handeln“ (c). Zu diesem konsequenten Handeln zählt „das Bereitstellen von ausreichend Pocken-Impfstoff“ oder, dass die WHO „Leitlinien zur Eindämmung der Ausbreitung der Affenpocken erarbeitet“. Die Suggestion von Knappheit wird mittels eines verstärkenden Adverbs begründet: „Denn für Menschen mit Vorerkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem kann das Virus durchaus gefährlich werden“ (b, d). Das Narrativ der Gefahr und Bedrohung wird weiterhin durch konzessive, einschränkende temporale Adverbiale gestärkt, so durch Adverbien wie derzeit, bislang, die ein „noch nicht, aber“ implizieren und Verschlimmerung andeuten (d). In diesem Sinne wird prototypisch die zusammengesetzte Konjunktion zwar, aber verwendet wie in dem folgenden Satz: „Die Organisation wies zwar darauf hin, dass es bei Massenveranstaltungen zu Ansteckungen kommen kann, betonte aber auch, dass Vorsichtsmaßnahmen gegen Covid-19 auch gegen Affenpocken wirken“ (ARD 2022a).
Gleich im ersten Absatz wird auf eine mögliche Impfung verwiesen, indem nach zwei Fragesätzen ein Bindestrich eine aufmerksamkeitsfördernde Funktion erfüllt (f): „Wie werden die Pocken-Viren übertragen, wie kann man sich davor schützen – und wer sollte sich dagegen impfen lassen?“
In dem zweiten Beitrag „Erster Fall: Affenpocken jetzt auch in Deutschland“ (16.15 Uhr) wird notiert, dass das Robert-Koch-Institut Ärzte in Deutschland für die Virusinfektion sensibilisiere: „Zu Recht: Jetzt ist der erste Fall auch bei uns bekannt geworden“ (ARD 2022 b). Der Beitrag unterstreicht und unterstützt die Sorge der Akteure mit dem Kausaloperator zu Recht, um zu signalisieren, dass der folgende Satz als Begründung zu verstehen ist. Damit positioniert sich die Redaktion in diesem Diskurs um die Affenpocken. Auch in diesem Beitrag kommen ein Noch-nicht-Wissen und Ungewissheiten zum Tragen: So werden stereotyp „nur milde Symptome“ adversativ „Aber auch schwere Verläufe sind in Einzelfällen möglich“ gegenübergestellt. Im weiteren Verlauf der Berichterstattung wird die Frage nach der möglichen Ursache für den Ausbruch der Infektion und die Ansteckungsfälle gestellt: So wird vermutet: Die Infektion
soll auf eine Ansteckung in Nigeria zurückgehen. Daraufhin hatten britische Experten betont, dass die Affenpocken nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen würden und dass das Risiko für die Allgemeinbevölkerung sehr gering sei. Die jüngsten Fälle scheinen das zumindest teilweise zu widerlegen: Das Virus kann sehr wohl von Mensch zu Mensch übertragen werden. Dass in einigen Fällen die Infektionskette nicht nachvollzogen werden kann, legt nahe, dass noch nicht alle Infektionen in der Bevölkerung entdeckt worden sind“ (ARD, 2022b).
Mit Modalverben (sollen und können), den Modaladverbialen sehr wohl oder zumindest teilweise, dem Verb scheinen mit modalem Charakter, einschränkenden Partikeln und Indefinitpronomen noch nicht alle sowie der Vermutung legt nahe erfolgt eine vermutende Positionierung zur Dynamik eines Geschehens (e). Die zitierten Akteure halten Todesfälle für „sehr unwahrscheinlich“, dennoch wird darauf verwiesen, dass „die zentralafrikanische Variante des Erregers [...] etwa zehn Prozent der Erkrankten“ sterben lässt. „In Afrika führt die in Europa und den USA auftretende westafrikanische Variante des Virus bei etwa einem Prozent der Erkrankten zum Tod“.
In Hinsicht auf die Entstehung der Infektionsketten wird „eine veränderte Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit“ vermutet oder „Die Erreger können von verschiedenen Tierarten übertragen werden. Die Viren wurden laut WHO vereinzelt durch Reisende exportiert“ und dies bereits 2018. Ende Mai befasst man sich verstärkter mit dem Ursprung und der Ausbreitung der Affenpocken. So schreibt die Berliner Zeitung am 27. Mai 2022, 22:13 Uhr mit Bezug auf AFP und kme: „Die derzeitige Ausbreitung des Affenpocken-Virus sei ‚ungewöhnlich‘‚ sagte Briand.“ Denn die Fälle werden aus Ländern gemeldet, in denen das Virus „üblicherweise nicht verbreitet“ ist. Und weiter heißt es: „Experten versuchen demnach weiter herauszufinden, was die derzeitige ungewöhnliche Verbreitung verursacht hat“ (Berliner Zeitung, 2022). In diesem Sinne titelt n-tv am 30. Mai 2022 „Vieles am Affenpocken-Ausbruch bleibt rätselhaft“ und es wird notiert: „Viele Fragen sind weiter noch offen – auch, ob der Erreger jemals wieder eingedämmt werden kann“ (Stoppel, 2022). Bei n-tv Wissen werden die Affenpocken als Zoonose, also vom Tier auf den Menschen übergesprungen charakterisiert. Die dpa titelt am 01. Juni 2022 „WHO vermutet Umweltfaktoren hinter Affenpocken. Ist der Klimawandel verantwortlich für die Verbreitung der Affenpocken-Infektionen? Fakt ist, dass sich die Bewegungsradien von Tieren verändern. Das begünstigt das Überspringen des Virus auf Menschen“. Der „Druck auf Ökosysteme“, „bedrohte Lebensräume und der Klimawandel“ werden ins Feld geführt, jedoch nicht genauer erörtert (Dpa, 2022). (a) Damit ist die Verbindung zum Klimawandel thematisch gesetzt und wird in diesem Sinne weiterhin bearbeitet.
Der abschließende morgendliche Blick am 11. Juni 2022 in die Selektion der von Google bereitgestellten Nachrichten bestätigt die in diesem Beitrag erhobenen Befunde und deren Musterhaftigkeit. Das Ärzteblatt sticht mit einigen Beiträgen hervor, denn es berichtet über die Beratungen des Corona-Expertenrates zu einem Strategiewechsel bei den Corona-Maßnahmen für den Herbst. Die bildlichen Darstellungen des Virus erscheinen noch farbenprächtiger. Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten der Überlastung des Gesundheitssystems, Unvorhersehbares, keine Verlässlichkeit der Evolution des Virus sind die Grundlagen der Beratung und der Selektionen für die Beiträge. Abschwächung wäre vorstellbar, aber kann nicht vorausgesetzt werden, die Impflücke sowie die Immunitätslücke müssen geschlossen werden, Szenarien von Basis- bis ungünstiges werden durchgespielt. Ein circulus vitiosus?
 
1
Die in der journalistischen Kommunikation gegenwärtig übliche Form, Artikel bewusst für die Kommentierung durch und zur Anregung der Diskussion der Leserschaft zur Verfügung zu stellen, um ein Meinungsspektrum zu erfassen, ist eine Form, die mit Interaktionssituationen der Face-to-Face-Kommunikation nichts gemein hat.
 
2
Unter Kommunikation versteht Luhmann (vgl. Soziale Systeme 1988:196-201) die dreifache Selektion von Information, Mitteilung und Verstehen, die bestimmte Anschlusskommunikationen nach sich zieht. Da die Selektion grundsätzlich für den Kommunikationsbegriff verwendet wird, mag es irritieren, dass Luhmann für die Massenmedien auf Selektion zurückgreift. Eine Themenwahl mit Bezug auf eine bestimmte Leserschaft kann jedoch nur auf Selektion unter Rücksicht auf die Nachrichtenwerte beruhen.
 
3
Interessante Aufschlüsse zur Entstehung neuer Lexik gibt das Pandemiewörterbuch der Abteilung Lexikographie des Instituts für Deutsche Sprache.
 
4
Vor dem Hintergrund dieser Definition verwundern stereotyp vorkommende Sätze in der Berichterstattung über Protestdemonstrationen z.B. gegen eine Impfpflicht nicht. „Die meisten Demonstranten trugen keine Schutzmaske, auch Abstände wurden nicht eingehalten.“ Oder „Die Polizei forderte Teilnehmer auf, eine Maske zu tragen.“ Jegliche Demonstration, so die nun schon konventionelle Implikatur, kann als Querdenker-Demo bezeichnet werden, wenn Demonstrierende keine Masken tragen, und die Beziehung zur rechten Szene ist ausgemacht. Im Nordkurier vom 18.01.2022 heißt es im Beitrag „Mehr Demos als vor der Pandemie“ von Robin Peters mit Bezug auf Mecklenburg-Vorpommern: „Eine Unterwanderung der Aktionen von Rechts- oder Linksextremen konnte der Staatsschutz zuletzt nicht ausmachen. Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund oder politischer Einstellung hätten sich nach ihrer Einschätzung an den Demonstrationen beteiligt.“ (S. 12)
 
5
https://www.ids-mannheim.de/digspra/kl/projekte/korpora
 
6
Die Daten und die in der Fußnote notierten Belegstellen sind verfügbar unter . (Letzter Zugriff: 24.10.2021)
 
7
Am 23.01. vermelden die Nachrichten von einem Vorschlag zur Impfpflicht, der drei Impfungen vorsieht und der Nichtnachweis dieser mit einer Geldstrafe geahndet wird.
 
8
Das Lexikon der Neologismen zur Sprache in der Corona-Pandemie definiert das Lexem Impfdurchbruch wie folgt: „a) durch die Verabreichung eines (mangelhaften) Vakzins ausgelöste Erkrankung b) Infektion einer Person mit einem bestimmten Erreger trotz vorheriger Vakzination“ und gibt dazu den aktuellen Beleg: „Eine vollständige Corona-Impfung bedeutet nicht, dass die geimpfte Person sich nicht mehr mit dem Virus infizieren kann. Auch Geimpfte können erkranken – dann spricht man von sogenannten Impfdurchbrüchen. (www.merkur.de; 10.09.2021)“. Passend zum Vagheitszustand in den Bedeutungsbeschreibungen ist auch die Definition von Coronavakzine: „Impfstoff, der die Produktion von Antikörpern gegen das SARS-CoV-2-Virus anstößt“. Wenn Vakzine die Antikörperproduktion anstoßen, warum sind dann Tests zur Ermittlung der Höhe der Antikörper im Blut eines Menschen nicht aussagekräftig, fragen sich Patienten, die in dieser Hinsicht belehrt worden sind. Die Definition widerspricht den Gegebenheiten in den Aussagen von Hausärzten und Medizinern.
 
9
Es sei angemerkt, dass die hier angedeuteten Verlautbarungen Drostens Tage vor dem Interview im Deutschlandfunk mit Bezug auf seinen aktuellen Podcast bei NDR-Info für Darstellungen für unterschiedliche Medien selektiert wurden.
 
10
Ein Podcast des Bayerischen Rundfunks vom 26. Mai 2022 mit dem Titel „Mensch versus Virus – Sind wir gerüstet für die nächste Pandemie?“ umreißt das Thema: „Corona wird nicht der letzte Erreger sein, der die Welt heimsucht. Doch was haben wir aus der Pandemie gelernt? Was, wenn das nächste Virus nicht nur gefährlich und höchst ansteckend ist – sondern auch lebensbedrohlich für Kinder? Sind wir ausreichend vorbereitet? Wer wird schneller sein: der Mensch oder das Virus?“ Der Podcast zeichnet ein apokalyptisches fiktives Szenario für das Jahr 2025 zum Ausbruch eines Erregers in einer Palmölplantage, erörtert die Ausbreitungswege, kennzeichnet die Bedrohlichkeit des Erregers aufgrund der Unbeschwertheit von Reisenden und Feiernden, beschreibt exponentielles Wachstum, das Erfordernis digitaler Informationsdienste, den Idealfall ausreichender Impfstoffe. Lauterbach ist in diesem Szenario immer noch Gesundheitsminister, wird wie andere aktuelle Akteure im Original zitiert. Wieler setzt auf Breitbandimpfstoffe. Das Szenario wird in seiner Bedrohlichkeit durch entsprechende düstere Musik in Moll sowie das Tönen einer Herz-Lungen-Maschine im Hintergrund untermalt. Bayerischer Rundfunk: Mensch versus Virus – Sind wir gerüstet für die nächste Pandemie. . (Letzter Zugriff: 10.06.2022)
 
Literatur
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Kritische Gesellschaftsforschung
Ausgabe #01, Juli 2022
ISSN: 2751-8922
In dieser Ausgabe:
Jochen Kirchhoff
Erkenntnis und Wahn. Das Problem der Wissenschaft in der Weltkrise
Mark Neocleous
Imunutät: Sicherheit; Sicherheit: Immunität... ad infinitum.
Christina Gansel
Angstkommunikation in der Corona-Pandemie: Zum Muster einer sprachlich-kommunikativen Praktik
Adam Szymanski
Die Ungeimpften als Sündenbock: Eine Medienanalyse der politischen Propaganda während der COVID-19-Pandemie
Armin Triebel
Die Destabilisierung von Demokratien. Eine Diskursanalyse
Michael Meyen
Warum die Kommunikations­wissenschaft einen Neustart braucht
 
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